HGM Wissensblog

Objekt des Monats Mai 2018

Uniformrock M 56 für General des Österreichischen Bundesheeres, Zweite Republik – Getragen von General der Artillerie Ing. Dr. Emil Liebitzky

Der vorliegende Uniformrock ist aus zwei Gründen von großem Interesse. Einerseits handelt es sich dabei um ein überaus seltenes Uniformstück aus den 1950er Jahren, andererseits ist die Bedeutung der Provenienz des Trägers bestechend, da es sich um den ersten General des Österreichischen Bundesheeres der Zweiten Republik handelt.

Uniformrock M 56 für General des Österreichischen Bundesheeres/Zweite Republik, Inv. Nr. 2017/02/1746 © HGM/MHI

Ing. Dr. rer. pol. Emil Liebitzky (05.10.1892 – 12.04.1961) war ein hochdekorierter k. u. k. Offizier, der nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in das Österreichische Bundesheer der Ersten Republik übernommen wurde. Er erreichte den Rang eines Obersten des Generalstabsdienstes und diente von 1933 bis zu seiner – zwangsweisen – Pensionierung nach dem Anschluss im März 1938 als österreichischer Militärattaché in Rom. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er mehrfach von der Gestapo verhört, letztlich jedoch nie in Gewahrsam genommen. Im Jahr 1945 stellte er seine Dienste unmittelbar nach der Wiedererrichtung der Republik dem damals neu geschaffenen Heeresamt zur Verfügung. 1946 wurde er durch den Bundespräsidenten zum Generalmajor ernannt und wechselte als Hofrat nach der Auflösung des Heeresamtes als Leiter der Pensionsabteilung A in das Finanzministerium. Diese Abteilung spielte eine überaus wichtige Rolle in den Planungen zur Wiederbewaffnung Österreichs in der Nachkriegszeit bzw. bei den Anstrengungen zur Neuaufstellung eines Bundesheeres. Die seinerzeitige Errichtung der B-Gendarmerie und letztlich auch des neuen Bundesheeres selbst beruhten vielfach auf seinen Vorarbeiten und seinem Verdienst. Mit der Wiedererrichtung des Bundesministeriums für Landesverteidigung und der Aufstellung des Österreichischen Bundesheeres wurde er unmittelbar als ziviler Sektionschef in dieses überstellt und als Leiter der Sektion I zum General der Artillerie ernannt. Diese Funktion übte er allerdings nur mehr sehr kurze Zeit aus und trat bereits mit Ablauf des 31. Dezember 1957 als ranghöchster Offizier des noch recht jungen Bundesheeres in den verdienten Ruhestand.

Das Modell M.56 ist der allererste Uniformtyp des Österreichischen Bundesheeres der Zweiten Republik. Typisch hierfür sind die goldenen, gekörnten Knöpfe sowie ein kleiner Schmuckknopf an beiden Unterarmen und der charakteristische Stoffgürtel. Der an sich sehr zivile Schnitt des Rockes sollte in den folgenden Jahren noch mehrfach modifiziert werden. Die sichtbaren Rangabzeichen für General – drei silberne Sterne auf goldener Borte – waren in dieser frühen Ausführung von 1956 bis 1965 in Verwendung. Die goldene Achselschlinge war ursprünglich beim Modell M.56 nicht vorgesehen und sollte erst ein Jahr später eingeführt werden. Wie damals üblich wurden die seinerzeit in Verwendung stehenden Röcke mit der neuen Achselschlinge allerdings nachträglich sämtlich „nachgerüstet“.

Peter Steiner

OR ObstdhmfD Prof Mag. Peter Steiner
Historiker und Milizoffizier, zuständig für Orden, Ehrenzeichen, Abzeichen, Medaillen, Uniformen und Insignien. Studium der Geschichte, Numismatik und Museumskunde; Ausbildung zum wissenschaftlichen Bibliothekar und Offizier im Bundesheer.
Nach dienstlichen Verwendungen im Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum (Narrenturm) und der Österreichischen Nationalbibliothek, bin ich seit Jänner 2016 im Heeresgeschichtlichen Museum tätig. Neben der k.u.k. Armee von 1848-1918, gilt mein persönliches Interesse vor allem der Geschichte des österreichischen Bundesheeres der Ersten und der Zweiten Republik; zahlreiche Publikationen zur Phaleristik (der wissenschaftlichen Ordenskunde) und Militärgeschichte.

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