HGM Wissensblog

Objekt des Monats August 2019

Relief: Heckspiegel der HMS Royal Oak (1674)

Heckspiegel der HMS Royal Oak in der Ausstellung

Die HMS (= Her bzw. His Majesty’s Ship [Ihrer bzw. Seiner Majestät Schiff], Präfix bei allen Marineschiffen der Royal Navy) Royal Oak war ein Linienschiff 3. Ranges. Unter „Linienschiff“ ist ein historischer Typ von Kriegsschiffen zu verstehen, der vom 17. Jahrhundert bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts in Gebrauch war. Der Name leitet sich von der Kiellinie ab, in welcher diese Schiffe im Gefecht hintereinander segelten. Das Segellinienschiff war vom 17. bis zum 19. Jahrhundert das schwerste Kriegsschiff in Europa, es war schwerfälliger als die Fregatte, besaß die größte Tonnage und die durchschlagsstärksten Kanonen.

Heckspiegel der HMS Royal Oak mit dem Wappen der Stuarts, 1674 (Willi Meischl)

Die Rangeinteilung der Kriegsschiffe erfolgte entsprechend der Besoldung ihrer Offiziere und Mannschaften vom 1. bis zum 6. Rang (100 bis 20 Geschütze). Die Royal Oak verfügte über 74 Kanonen und war damit das am stärksten bewaffnete Linienschiff des 3. Ranges.

Heckspiegel der HMS Royal Oak nach dem Umbau von 1684 (HGM)

Die HMS Royal Oak wurde in Deptford (London) gebaut und lief 1674 vom Stapel. 1684 wurde der Heckspiegel des Schiffes den neu gebauten Schiffen von 1677 angepasst. 1704 nahm sie bei der Schlacht bei Vélez-Málaga, der größten Seeschlacht des Spanischen Erbfolgekrieges, teil. 1713 wurde das Schiff komplett zerlegt und neu gebaut wodurch sie ein völlig neues Aussehen erhielt.

Heckspiegel der HMS Royal Oak nach dem Umbau von 1713 (Sammlung Kriegstein, Willi Meischl)

Die zweite und gleichzeitig letzte Seeschlacht der Royal Oak war jene vor Kap Passero 1718, die mit einem britischen Sieg über die Spanier endete. 1756/57 wurde das Schiff gehulkt, was bedeutet, dass es außer Dienst gestellt und die Masten entfernt wurden. In diesem Fall wurde daraus ein Gefängnisschiff in Plymouth. 1763 wurde die Royal Oak dann endgültig abgebrochen.

Ein großes Modell der HMS Royal Oak befindet sich im Marinesaal des Heeresgeschichtlichen Museums. Es kam als „Originalmodell eines englischen Linienschiffes (Zweideckers) Third-rate“ in die Sammlung und wurde 1990 vom Schiffsmodellexperten Willibald Meischl als jenes der HMS Royal Oak identifiziert. Das Modell wurde wohl von George Forbes, 3rd Earl of Granard (1685-1765) nach Triest gebracht. Forbes wurde 1719 von Kaiser Karl VI. (1685-1740) zum Oberbefehlshaber der Marine ernannt und sollte Aufbau und Ausbau einer schlagkräftigen österreichischen Marine planen und ausführen. Der Mangel an finanziellem Einsatz sowie das Unverständnis der habsburgischen Verwaltungen führten jedoch bereits zwei Jahre später zu seinem Rücktritt.

Modell der HMS Royal Oak im Marinesaal (HGM)

Das vorliegende Relief des Heckspiegels der HMS Royal Oak, vermutlich im 19. Jahrhundert nach dem Originalmodell im HGM angefertigt, wurde 2018 aus einem umfassenden Konvolut aus historischen Marineobjekten angekauft und bildet so eine wertvolle Ergänzung des Modells. Die Datierung „erb[aut]. 1697“ ist ein angenommenes, aber nicht belegbares Datum.

Walter Albrecht

HR Dr. Walter Albrecht
Kunsthistoriker und Historiker sowie Sammlungsleiter Kunst im Heeresgeschichtlichen Museum/Militärhistorischen Institut. Gemeinsam mit meinen sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bin ich für die Verwaltung aller Objekte mit kunsthistorischem Bezug wie Gemälde, Druckgrafiken, Aquarelle und Handzeichnungen, Skulpturen und Plastiken sowie Miniaturen zuständig. Dies umfasst u. a. Ausstellungswesen, Leihverkehr, Akquisition, Konservierung, Restaurierung und Depotwesen. Meine Forschungsinteressen liegen in der Kunst- und Militärgeschichte der Frühen Neuzeit, besonders des Dreißigjährigen Krieges; sowie der Kunst des Ersten Weltkrieges mit dem Schwerpunkt Kriegsmaler im k.u.k. Kriegspressequartier.

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