Telegramm des k. u. k. Armeeoberkommandos vom 5. August 1914 an das k. u. k. 10. Korpskommando in Przemysl, mit welchem diesem der Beginn des Kriegszustandes mit Russland für 6. August früh bekanntgemacht wurde.
Dieses auf den ersten Blick unscheinbar anmutende Objekt erweist sich bei genauerer Betrachtung als überaus wichtig. Das k. u. k. Armeeoberkommando, die oberste militärische Führungsebene der Streitkräfte der Donaumonarchie, setzte hiermit das 10. k. u. k. Korpskommando mit Sitz in Przemysl, der wichtigsten und größten gegen Russland gerichteten Festung Österreich-Ungarns, vom Beginn des Kriegszustandes mit Russland für den nächsten Tag in Kenntnis.
Die Meldung war chiffriert, also verschlüsselt, am 5. August um 10:50 Uhr beim Adressaten angekommen. Um 11:10 Uhr war die Entschlüsselung abgeschlossen und das Originaltelegramm wurde verbrannt.
Allerdings, und dies zeigt die anfänglichen Schwierigkeiten im k. u. k. Militärapparat, wurde dasselbe Telegramm, wie die handschriftliche Anmerkung links unten zeigt, wegen eines Versehens erst am 6. August um 08:00 Uhr an die Operationsabteilung des 10. Korpskommandos übergeben, wo es innerhalb von zehn Minuten ebenfalls dechiffriert und das Original anschließend verbrannt wurde.
Die Kriegserklärung Österreich-Ungarns am 6. August 1914 hob die kuriose Situation auf, dass sich das Deutsche Reich bereits seit sechs Tagen im Kriegszustand mit Russland befunden hatte, während Österreich-Ungarn, dessen Interessengegensatz mit dem für Russland wichtigen Serbien den Konflikt überhaupt ausgelöst hatte, mit diesem noch im Friedenszustand gewesen war. Diese verspätete Kriegserklärung deutet signifikant darauf hin, dass Österreich-Ungarn offenbar bestrebt war, den Krieg lokal auf den Balkan begrenzt zu halten, was auch durch die Verlegung der B-Staffel, jenes Teiles der Armee, der bei einem begrenzten Konflikt mit Serbien auf dem Balkan, bei einem Krieg auch gegen Russland an der Nordostfront einzusetzen gewesen wäre, auf den Balkankriegsschauplatz unterstrichen wird.
Der Raum Przemysl, heute im äußersten Südosten Polens gelegen, war in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zur Festung ausgebaut worden. Diese geriet ab Mitte September 1914 unter wachsenden russischen Druck, wurde zwei Mal von russischen Armeen belagert und musste schließlich nach Verbrauch sämtlicher Verpflegung und Sprengung der Festungswerke am 22. März 1915 kapitulieren, wobei ca. 130.000 k. u. k. Offiziere und Soldaten in russische Kriegsgefangenschaft gerieten.
Tausende Soldaten und Offiziere Österreich-Ungarns wurden nach Sibirien und Zentralasien transportiert. Dr. Peter Felch hat das Projekt „Spurensuche“ initiiert, die Tagebücher der Kriegsgefangenen ausgewertet, einen Film gedreht, hält Vorträge und veranstaltet Reisen nach Zentralasien zur „Strasse der Österreicher“, einer immer noch existierenden Passstraße im Süden Kirgisistans. http://www.spurensuche-turkestan.org/?fbclid=IwAR14h1EnoF1rBGZGqhPudt_Jr4GUMrj_Jd4g1ueEXC4nue_IA_k6jjw3Mr4