Für die Bibliothek des Heeresgeschichtlichen Museums/Militärhistorischen Instituts konnte kürzlich ein äußerst bedeutsames Objekt erworben werden, dessen historischer Wert im krassen Gegensatz zu seinem schmucklosen Erscheinungsbild steht. Dieses unscheinbare Buch birgt die Übersetzung von Akten des Prozesses gegen die Beteiligten am Attentat von Sarajevo am 28. Juni 1914.
Ein Hinweis auf den Vorbesitzer findet sich auf dem Vorsatzblatt:


Das Werk dürfte ursprünglich vermutlich aus dem Besitz von Dr. Fritz Stritzl stammen und somit jenem Anwalt, der vom Obersthofmarschallamt – als zuständige Verlassenschaftsabhandlungsbehörde – mit der Abwicklung der Verlassenschaft Franz-Ferdinands betraut wurde. Stritzl war zudem Rechtsvertreter der Kinder des Thronfolgerpaares.


Auf insgesamt 503 Seiten sind in diesem Buch viele relevante Prozessmaterialien, wie etwa Vernehmungsprotokolle, Gutachten, Augenscheinprotokolle und das Urteil gegen die Attentäter und beteiligte Personen gesammelt.




Da viele der Originalmaterialien des Prozesses als verloren gelten müssen, ist dieses Werk als besonders wertvoll zu erachten, wenngleich ein Protokoll des Prozesses selbst bedauerlicherweise nicht enthalten ist. Nach der von 12. bis 23. Oktober 1914 stattgefundenen Hauptverhandlung vor dem Kreisgericht Sarajevo erging am 28. Oktober das Urteil.


Dieses Objekt stellt einen besonderen Sammlungszugang für das Heeresgeschichtliche Museum dar, der die bedeutende Sammlung von Objekten rund um das Attentat von Sarajevo in vorzüglicher Weise ergänzt.
Ich befasse mich schon seit vielen Jahren mit dem Attentat von Sarajevo und der versuchten Aufklärung des Verbrechens. Eine sehr wertvolle Hilfe stellt der Nachlass von Friedrich Würthle dar, der im Kriegsarchiv liegt. Würthle hat sich sehr intensiv mit den „verlorenen“ Akten zum Sarajevo-Prozess befasst, ist allerdings auch nicht zu einem abschließenden Ergebnis gekommen.
Bei den gezeigten Unterlagen dürfte es sich vermutlich um eine Abschrift der Dokumentation von Prof. E. Brandenburger (1933) handeln.
Glückwunsch zum Erwerb dieses zeitgeschichtlichen Objektes.