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100 Jahre Burgenland bei Österreich

Auszeichnungen für Soldaten des Bundesheeres

Nach dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie wurden außer dem Adel auch alle bis dahin bestehenden Orden und Ehrenzeichen abgeschafft.1 Die junge Republik Österreich hat erst 1922 das mehrstufige Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich gestiftet.2 Es wurde von 1923 bis 1934 verliehen, dann in den österreichischen Verdienstorden umgewandelt und erlosch 1938. Die zweite Republik Österreich hat 1952, also dreißig Jahre nach der ersten Stiftung, das Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich neu gestiftet, das bis heute verliehen wird. 3 Die ersten Stiftungen von Ehrenzeichen für Verdienste der Bundesländer erfolgten erst ab 1956.4

Zur Zeit der Landnahme des Burgenlandes gab es daher keine sichtbar zu tragende Auszeichnung, die verliehen werden konnte.5 Erst anlässlich der 10-Jahres-Feier am 20. September 1931 wurden im Rahmen der Gedenkfeier in Kirchschlag tragbare und nicht tragbare Auszeichnungen überreicht. Die feierliche Überreichung fand vor dem neu errichteten und eingeweihten Denkmal durch den Bundesminister für Heereswesen Carl Vaugoin statt.6

Nachstehende sichtbare Auszeichnungen hat der Bundespräsident der Republik Österreich mit Entschließung vom 11. September 1931 an vier Soldaten des Infanterieregiments Nr. 5 für ihre geleisteten Verdienste während der Landnahme des Burgenlandes verliehen7:

Silberne Verdienstzeichen der Republik Österreich

Hauptmann Alexander Dini8

Silbernes Verdienstzeichen der Republik Österreich - Avers
Silbernes Verdienstzeichen der Republik Österreich - Revers

Goldene Medaille für Verdienste um die Republik Österreich

Vizeleutnant Franz Grestenberger

Vizeleutnant Karl Stöcher

Vizeleutnant Franz Maiwald

Goldene Medaille für Verdienste um die Republik Österreich - Avers
Goldene Medaille für Verdienste um die Republik Österreich - Revers

Die Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich sind allgemein gehaltene zivile Auszeichnungen. Jedem militärischen Dienstgrad oder zivilen Amtstitel sind ebenso klar die einzelnen Stufen zugeordnet wie auch anderen Personen. Nur in wenigen Einzelfällen wurde davon abweichend eine höhere Stufe verliehen. Diese vier dekorierten Soldaten haben die Stufen erhalten, die ihrem Rang entsprachen.

Eine schriftliche Belobigung des Bundesministers für Heereswesen für während der Landnahme des Burgenlandes geleistete Verdienste wurde fünf Soldaten des Infanterieregiments Nr. 5 überreicht:9

Oberst Orestes Adasiewicz10

Major Rudolf Kabrda11

Offiziersstellvertreter Rudolf Albrecht12

Offiziersstellvertreter Josef Studeny13

Wachtmeister Alois Wurst14

Beim Gefecht von Kirchschlag am 5. September 1921 war das II. Bataillon des Infanterieregiment Nr. 5 unter seinem Kommandanten Oberst Emil Sommer eingesetzt. Er war der einzige Bataillonskommandant, der im Rahmen der Landnahme des Burgenlandes seinen Verband im Gefecht führte. Er trat mit Ende des Jahres 1922 als Oberst in den Ruhestand. Alle 1931 ausgezeichneten Soldaten standen zehn Jahre davor unter seinem Kommando. Emil Sommer wurde durch den Bundespräsidenten mit Wirksamkeit vom 15. Oktober 1924 für seine erfolgreiche Einsatzführung bei dieser ersten Waffentat des jungen Bundesheeres der Titel Generalmajor ehrenhalber verliehen.15

Weitere Auszeichnungen und Titelverleihungen an Angehörige des Bundesheeres für ihren Einsatz im Zuge der Landnahme des Burgenlands sind bislang nicht bekannt. Erst 1961 wurde durch das Land Burgenland die „Erinnerungsmedaille für Verdienste um den Anschluss Burgenlands an Österreich“ gestiftet. Diese wurde als eine spezifische Landesauszeichnung unter anderem auch an jeden noch lebenden Teilnehmer der „Landnahme“ verliehen.

1 Staatsgesetzblatt Deutschösterreich, StGBl. Nr. 211 vom 3. April 1919.

2 Günter Erik Schmidt. Ehrenzeichen und Orden in Österreich der Zwischenkriegszeit 1918-1938. Graz, 1994. Seite 42 f.

3 Günter Erik Schmidt. Orden und Ehrenzeichen Österreichs 1945-1999. Wien 1999. Seite 55 f.

4 Vgl. dazu: Schmidt, 1945-1999.

5 Auf der ungarischen Seite gab es zu diesem Zeitpunkt dieselbe Situation. Der junge Staat hatte noch keine Auszeichnungen, ebenso wenig die im umstrittenen Gebiet Westungarns, dem späteren Burgenland, operierenden Freischärlergruppen.

6 An dieser Stelle ein Dankeschön für diesen Hinweis an Herrn Mag. Franz Wanek, Leiter des Stadtmuseums Kirchschlag. Demnach finden sich die Hinweise auf diese Ehrungen unter anderem in: Reichspost, 13. September 1931, Seite 10; Wiener Zeitung, 17. September 1931, Seite 1; Reichspost, 21. September 1931, Seite 5; 84er-Zeitung, 1. Jhg., Nr. 3 (Okt. 1931), Seite 3–4.

7 Wiener Zeitung, 17. September 1931. Seite 1.

8 Dini beendet seine militärische Dienstzeit 1945 als Generalmajor und Kommandeur der Dienststelle „General der Luftwaffe Kanalinseln“. Siehe: Christian Frech, Markus Pichler, Peter Steiner, Iakovos Vlachos, Österreichs Generäle 1919–1955, Band II/2, Schlagwort „Dini“ (erscheint im Herbst 2021, Verlag Militaria, Wien).

9 Reichspost vom 21. September 1931, Seite 5.

10 Schematismus für das Österreichische Bundesheer und die Bundesheerverwaltung. Wien, 1931. Seite 39.

Adasiewicz erreichte im Bundesheer den Rang eines Generalmajors. Siehe: Christian Frech, Markus Pichler, Peter Steiner, Iakovos Vlachos, Österreichs Generäle 1919–1955, Band II/2, Schlagwort „Adasiewicz“ (erscheint im Herbst 2021, Verlag Militaria, Wien).

11 Schematismus. Seite 39.

12 Dienstrangsliste der Unteroffiziere des Bundesheeres. Stand vom 1. Jänner 1930. Wien, 1930. Seite 33.

13 Dienstrangsliste. Seite 35.

14 Dienstrangsliste. Seite 49.

15 Christian Frech, Markus Pichler, Peter Steiner, Iakovos Vlachos, Österreichs Generäle 1919–1955, Band IV/2, Schlagwort „Sommer“ (erscheint im Herbst 2021, Verlag Militaria, Wien).

Peter Steiner

OR ObstdhmfD Prof Mag. Peter Steiner
Historiker und Milizoffizier, zuständig für Orden, Ehrenzeichen, Abzeichen, Medaillen, Uniformen und Insignien. Studium der Geschichte, Numismatik und Museumskunde; Ausbildung zum wissenschaftlichen Bibliothekar und Offizier im Bundesheer.
Nach dienstlichen Verwendungen im Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum (Narrenturm) und der Österreichischen Nationalbibliothek, bin ich seit Jänner 2016 im Heeresgeschichtlichen Museum tätig. Neben der k.u.k. Armee von 1848-1918, gilt mein persönliches Interesse vor allem der Geschichte des österreichischen Bundesheeres der Ersten und der Zweiten Republik; zahlreiche Publikationen zur Phaleristik (der wissenschaftlichen Ordenskunde) und Militärgeschichte.

2 comments

  • Bei den beiden ersten Verdienstzeichen handelt es sich gewiss um keine Auszeichnung der Republik Österreich. Es sind die Insignien des (modern: „austrofaschistischen“) politischen Verbandes „Vaterländische Front“ und zeigen das als Kruckenkreuz bekannte Zeichen.

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