Im Zusammenhang mit der Ausbildung von Menschen das Wort „Abrichten“ zu verwenden, wirkt heute wohl seltsam, in früherer Zeit war eine dementsprechende Terminologie jedoch sowohl im Militär als auch im zivilen Bereich durchaus gebräuchlich. In der k. (u.) k. Armee wollte man mit dem „Abrichten“ Soldaten mechanische Ausbildungsinhalte in einer Art und Weise vermitteln, dass sie „dem Manne so zur zweiten Natur werden müssen, daß er sie im rechten Augenblike [sic!], ohne zu denken, gleichsam instinktmäßig“ auszuüben imstande sei. Mit dieser später „Drill“ genannten Ausbildungsmethodik zielte man darauf ab, dass Soldaten Fertigkeiten, etwa Handgriffe am Gewehr, automatisiert auszuüben im Stande waren, was im Gefecht überlebensnotwendig sein konnte. Im Bestand des Heeresgeschichtlichen Museums befindet sich ein einzigartiges Objekt, das nicht nur ein fototechnisch herausragendes Artefakt ist, sondern auch eindrucksvoll diese „Abrichtung“ in der ehemaligen k. k. Armee illustriert. Es handelt sich bei diesem Objekt um ein Fotobuch, das im Jahr 1863 von Hauptmann Julius von Péterffy und seinem Schwager Alexander von Majer zusammengestellt sowie von dem Wiener Buchdrucker Josef Anton Massanetz hergestellt und in den breiten Vertrieb gebracht wurde.
Auf insgesamt 75 Fotografien sind Soldaten der Wiener Garnison beim Ausführen verschiedener Exerzierkommandos abgebildet. Péterffy, der sich bereits bei der Übersetzung von Dienstreglements ins Ungarische engagiert hatte, war es vermutlich ein Anliegen, Ausbildungsinhalte in allgemein verständlicher Form zu vermitteln. So entstand ein für damalige Zeiten hochmodernes Hilfsmittel für die militärische Ausbildung, wo zu den verschiedenen Kommandos die einzelnen Tempi der Ausführung mit Illustrationen versehen waren.
Die damalige Fototechnik erforderte langes Stillstehen, bis ein Foto fertig aufgenommen war, und wir wissen heute nicht ob sich die aus der Wiener Garnison stammenden fotografierten Soldaten freiwillig für dieses durchaus anstrengende Vorhaben gemeldet haben. Das nachfolgende Foto mag dies am Beispiel des „feuernden“ Soldaten (rechts im Bild) illustrieren, denn er hat die Waffe nicht korrekt in den Anschlag genommen. So steht er leicht nach hinten gebeugt, hat den Gewehrkolben auf den rechten Oberarm anstatt der Schulter gelegt und stützt den linken Ellbogen in die Hüfte. Vermutlich konnte der Soldat für die Dauer der Aufnahme das Gewicht der Waffe nicht im korrekten Anschlag halten.
Dieses Fotobuch gestattet uns heute einen interessanten Einblick in die k. k. Armee, wenn wir jene namenlos gebliebenen Soldaten betrachten, die vor mehr als 150 Jahren mit militärisch strengem Blick vor der Kamera exerzierten.
Quellen und Literaturhinweise
Monika Faber – Hanna Schneck, Foto. Buch. Kunst. Umbruch und Neuorientierung in der Buchgestaltung, Österreich 1840 – 1940, Wien 2019
Jaromir Hirtenfeld – Hermann Meynert, Oesterreichisches Militär-Konversations-Lexikon, Bd. 1, Wien 1851
Julius v. Péterffy (Hg.), Die Abrichtung des einzelnen Soldaten, nach dem Abrichtungs-Reglement für die k. k. Fusstruppen photographisch aufgenommen und in 75 Bildern…, Wien 1863
Julius v. Péterffy, Ungarische Militär-Sprachlehre zum Gebrauche für Offiziere der k. k. öster. Armee, Pesth 1853
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