HGM Wissensblog

Objekt des Monats April 2024

Tragflächenteil eines viermotorigen US-Bombers des Typs B24 „Liberator“

Der schwere viermotorige Bomber B24 „Liberator“ war der meistgebaute Flugzeugtyp der US Army Air Force während des Zweiten Weltkrieges. Die von der Firma Consolidated Aircraft Corporation entwickelte und gebaute Maschine sollte ursprünglich nicht in Serienfertigung gebaut werden, da das US Army Air Corps bereits die B17 „Flying Fortress“ angekauft und eingesetzt hatte und die Consolidated Aircraft Corporation anwies, weiterhin Bomber des Typs B17 zu fertigen. Das US Marine Corps, das ebenfalls auf der Suche nach einem schweren viermotorigen Bomber war, zeigte sich jedoch sehr an der Entwicklung der Consolidated Aircraft Corporation interessiert und ließ kurzfristig einen Prototyp dieses Flugzeuges anfertigen. Mit der Lieferung dieses Prototyps im Jahr 1939 wurde auch die Army Air Force wieder auf das Flugzeug aufmerksam, das in Teilbereichen bessere Leistungsparameter als die B17 aufwies. Ein weiterer, überarbeiteter Prototyp erreichte zwar nicht die Dienstgipfelhöhe der B17, übertraf diese jedoch in Reichweite und Bombenlast. Nach einer erfolgreichen Erprobung einer als XB 24 bezeichneten Maschine im Dezember 1939 begann die Consolidated Aircraft Corporation 1940 mit der Serienfertigung des nun als B24 bezeichneten Bombers.

© Wikimedia Commons: Prototyp XB 24 im Flug

Zwischen 1940 und 1945 wurden in den Fabriken der Consolidated Aircraft Corporation sowie bei Douglas, North American und Ford über 18.482 Maschinen hergestellt. Damit stellte die B24 „Liberator“, neben der B17 „Flying Fortress“, den wichtigsten US-Langstreckenbomber dar.

© Wikimedia Commons: B24 Fertigung

Ab März 1944 lag auch Wien im Einflugbereich der Langstreckenbomber der US Army Air Force und der britischen Royal Air Force. Die Einsätze wurden von Flugplätzen im bereits befreiten Italien aus geflogen und richteten sich hauptsächlich gegen Anlagen der Rüstungsindustrie und Eisenbahnverbindungen.  Durch die US Army Air Force wurden dabei über Österreich hauptsächlich Maschinen des Typs B24 „Liberator“ für Bombeneinsätze genutzt.

© Wikimedia Commons: B24M „Liberator“

Die Luftverteidigung Wiens erfolgte anfangs durch Jagdflugzeuge und Fliegerabwehrkanonen (FlaK), ab Herbst 1944 wurden, aufgrund des Mangels an Flugbenzin, fast ausschließlich Fliegerabwehrkanonen eingesetzt. Geführt wurde der Einsatz der Fliegerabwehr im Raum Wien durch die 24. FlaK Division der deutschen Luftwaffe. Dieser Division unterstanden mit 1. September 1944 folgende Verbände:

  • Flakregiment 28 Raum Wien-West,
  • Flakregiment 98 Raum Wien-Nord,
  • Flakregiment 102 Raum Wien-Süd
  • Flakscheinwerferregiment 6

Diese Verbände verfügten über insgesamt 82 schwere Geschützbatterien, wovon 52 direkt im Stadtgebiet Wiens stationiert waren. Die Besatzungen der Batterien bestanden zum Teil aus Luftwaffenhelfern, welche aus Angehörigen der Hitlerjugend rekrutiert wurden.

© Wikimedia Commons: FlaK Stellung

An Flugzeugabschüssen waren meist mehrere Geschütze einer Batterie oder auch mehrere Batterien beteiligt. Die abgeschossenen Maschinen wurden zumeist durch Einheiten der deutschen Luftwaffe vom Absturzort geborgen, einerseits um Informationen über die eingesetzten Flugzeuge zu erhalten und andererseits um wichtige Rohstoffe, vor allem Aluminium, sicherzustellen. Zivilpersonen war es bei Strafe verboten, Teile von abgeschossenen gegnerischen Flugzeugen an sich zu nehmen.

© Wikimedia Commons: Abgeschossene B24

Der Tragflächenteil stammt von einer über Wien abgeschossenen B24 und wurde von Passanten im Lainzer Tiergarten gefunden. Er war trotz Strafandrohung nicht abgeliefert worden und verblieb nach Kriegsende in Privatbesitz. Im Jahr 2023 wurde der Tragflächenteil als Schenkung an das HGM/MHI übergeben.

Franz Brödl

Ing. Franz Brödl
Nach 22 Jahren in den verschiedensten Verwendungen als Offizier in der österreichischen Panzertruppe, bin ich seit 2015 im Heeresgeschichtlichen Museum tätig. Mein Fachgebiet ist die Betreuung der technischen Sammlung.
Aufgrund meiner beruflichen Erfahrung mit Fahrzeugen und Panzern im speziellen, liegt mein Forschungsschwerpunkt bei der Entwicklung der gepanzerten Kampftruppen in den vergangenen 100 Jahren. Diese besondere Beziehung zur gepanzerten Truppe konnte ich vor allem bei der Gestaltung der Panzerhalle im Museum einbringen.

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