HGM Wissensblog

Panzerkuppel aus der Festung Przemyśl

Blick in den Ausstellungsbereich über die Festung Przemyśl mit der Panzerkuppel (HGM)

Diese drehbare Panzerkuppel, System Skoda M.1894, stammt aus dem Werk 1/2 der Festung Przemyśl, der zu Beginn des Weltkrieges größten Bastion im Osten der österreichisch-ungarischen Monarchie.

Die Kuppel weist einen Durchmesser von 2,47m auf und hat eine Höhe von 84cm.

1894 von der Firma „Skoda Werke A.G.“ in Pilsen gebaut, funktionierte sie als Drehpanzer, der mit einer 8cm Panzerkanone ausgestattet war. Eine russische 28cm Mörsergranate beschädigte die Kuppel, sodass sie 1915 ausgebaut und letztlich im Oktober 1915 nach Wien in das Heeresmuseum gebracht wurde, wo sie an die Kämpfe um die Festung erinnern sollte.

Die ausgebaute Panzerkuppel, welche heute im Heeresgeschichtlichen Museum zu sehen ist (HGM)

Die Beschädigung durch die Granate ist an der Oberseite der Kuppel auch in der Ausstellung zu sehen.

Die Panzerkuppel in der Ausstellung über den Ersten Weltkrieg (HGM)

Die Festung Przemyśl

Als „Tor zu Ungarn“ entwickelte sich das am Fluss San gelegene Przemyśl in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu der wichtigsten und größten Festung im östlichen Verteidigungssystem der österreichisch-ungarischen Monarchie. Bereits seit 1773 eine Schutzfunktion gegen den Osten innehabend, gewann die Stadt insbesondere durch die zunehmende Rivalität mit Russland ab 1854 an Bedeutung.

Straßenszene aus Przemyśl im März 1915 (HGM)

Eine bedeutsame Erweiterung erfuhr die Festungsanlage in den 1880er Jahren sowie 1894, als die Ziegelwerke dem Beton wichen und die Festung mit gepanzerten Werken ausgestattet wurden Die Festung verfügte bei Kriegsbeginn 1914 über zwei Festungsringe auf den Hügeln rund um die Stadt, bestehend aus 44 Haupt- und Nebenforts mit einem Gesamtumfang von 45 Kilometern.

Skizze Przemyśl im Jahre 1914/1915 samt der Verteidigungsanlagen (Wikimedia)

Die Belagerungen von Przemyśl im Ersten Weltkrieg

Am 16. September 1914 erteilte das Armeeoberkommando an den Festungskommandanten FML Hermann Kusmanek den Befehl, „die Festung bis an das Äußerste zu halten“. Grund war, dass sich die Kaiserlich Russische Armee seit August am Vormarsch Richtung Lemberg befand. Als die Festung Lemberg genommen wurde, fluteten die österreichisch-ungarischen Truppen Richtung Przemyśl zurück. Dadurch entstand in Przemyśl ein unentwirrbarer Stau. In den Gassen und auf den Plätzen standen die Fuhrwerke und Autos sechs- bis acht reihig neben- oder durcheinander, sodass sich nichts mehr bewegte. Zwei Tage lang dauerte dieser Verkehrsstau in Prezemyśl, obwohl das Armeeoberkommando den Truppen verbot, sich mit ihrem Train durch die Stadt zurückzuziehen.

Eintreffen verwundeter Landsturmmänner in Prezemyśl (HGM)

Nachdem sich die österreichisch-ungarische Armee am 16. September 100 Kilometer hinter Przemyśl zurückgezogen hatte, blieb die Festung gemäß dem Befehl in der Hand der k. u. k. Armee. Aufgabe der rund 130.000 verbliebenen Soldaten war es, die russischen Kräfte zu binden.

Die Kaiserlich Russische Armee zog nun einen Belagerungsring um die Festung. Zwar konnte die k. u. k. Armee die Festung am 11. Oktober 1914 noch zurückerobern, jedoch erfolgte am 9. November 1914 eine zweite russische Belagerung. Anfang Dezember wurde in der Festung das Fleisch knapp, sodass im Dezember 10.000 Pferde geschlachtet werden mussten.

Zerstörtes Werk X der Festung Przemysl (HGM)

Am 18. Dezember scheiterte ein Ausbruchsversuch der österreichisch-ungarischen Armee. Auch die österreichisch-ungarische Gegenoffensive in den Karpaten misslang Anfang des Jahres 1915, sodass die Festung nicht nochmals entsetzt werden konnte. Przemyśl konnte schließlich noch bis 22. März 1915 die russische Belagerung aushalten, bevor ihr Kommandant Kusmanek mit rund 120.000 Soldaten aufgrund der Lebensmittelnot kapitulierte. 9. Generäle, 2.300 Offiziere und 110.000 Mann gerieten in Gefangenschaft.

Offizierskappe und Feldbluse für Generaloberst sowie Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens, getragen von Hermann Kusmanek (HGM)
Blick in den Ausstellungsbereich unterhalb der Kuppel (HGM)

Thomas Edelmann

Mag. Dr. Thomas Edelmann, MAS
Ich bin Historiker mit einer postgradualen museologischen Ausbildung, die ich an der Universität für angewandte Kunst Wien absolviert habe. Im Museum bin u.a. für die digitale Kommunikation zuständig, angefangen von der Website über den Blog bis hin zu allen Social-Media-Kanälen. Andererseits bin ich als Forscher im Militärhistorischen Institut tätig, wo ich gegenwärtig am Forschungsprojekt „Vom Leib zum Körper. (Be-)Musterung von Militärpflichtigen und ihre Konstituierung zum Soldaten 1858 - 1918“ arbeite. Meine Forschungsinteressen sind die Geschichte der Habsburgermonarchie 1789 - 1918, der Erste Weltkrieg mit dem Schwerpunkt auf das Etappenwesen der österreichisch-ungarischen Armee sowie – um über die Grenzen Europas zu blicken – die mexikanische (Kultur-) Geschichte.

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