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Holzschild mit einem Aufruf zur Revolutionierung österreichischer und deutscher Truppen

Das Schild in der Ausstellung über den Ersten Weltkrieg (C) HGM

Dieses beschriftete Holzschild stellten russische Soldaten in das Vorfeld der Front. Es stammt aus der Zeit zwischen der russischen Februar- und Oktoberrevolution 1917, also dem Sturz des Zaren und der Machtübernahme der Bolschewiken in Russland.

Holzschild mit einem Aufruf zur Revolutionierung (C) HGM

Das Schild zielte darauf ab, die Soldaten der Mittelmächte für die Ideale der Februarrevolution zu gewinnen. Sie sollten es dem russischen Volk gleichtun, den Kaiser absetzen und eine bürgerlich-liberale Regierung errichten. Dies werde zum Ende des Krieges führen. Die Kernaussage gegen Ende des Aufrufes lautet denn auch: „Stürzt Euren blutigen Kaiser, den Urheber allen Blutvergießens, und wir sind zum Frieden bereit.“

Detail des Holzschildes (C) HGM

Die Mittelmächte stießen nach der Februarrevolution zunächst weiter in russisches Gebiet vor. Die vielfältigen Versuche, die österreichisch-ungarischen Frontsoldaten im Sinne der Revolution zu beeinflussen, schlugen noch 1917 großteils fehl. Bald wurde ersichtlich, dass die Revolution nicht ausschließlich die Front, sondern das gesamte Land betraf.

Russisches Propagandaschild vor den Stellungen des LIR 17 am Stochod 1917 (C) HGM

Die Mittelmächte sahen nun ihre Chance, den Krieg gegen Russland durch einen Separatfrieden zu beenden. Der Krieg wurde jedoch auf Geheiß der neuen russischen Regierung fortgeführt, bis deren militärischen Offensiven im Herbst 1917 endgültig scheiterten.

Am 24. Oktober 1917 (nach russischem Kalender) brach die kommunistische Oktoberrevolution aus, die Lenin, der mit deutscher Hilfe aus dem schweizer Exil zurückgekehrt war, letztendlich zum alleinigen Regierenden machte. Er war Fürsprecher eines Separatfriedens mit den Mittelmächten, wollte er doch die kommunistische Revolution im Inneren des Landes konsolidieren.

Verlassene russische Stellungen bei Nowostawce, 1918 (C) HGM

Der zusammengerufene russische Kongress erarbeitete einen Friedensvorschlag, der in Brest-Litowsk verhandelt werden sollte. Mitte Jänner 1918 unterbrach Russland aber die Verhandlungen ergebnislos. Die Mittelmächte nahmen die Kampfhandlungen wieder auf, was Russland erneut an den Verhandlungstisch zurück zwang. Durch diesen Vorstoß verschob sich die Grenze zwischen den Mittelmächten und dem Sowjetstaat beträchtlich Richtung Osten in russisches Gebiet. Am 3. März 1918 ratifizierte Russland unter Protest den Friedensvertrag und schied aus dem Krieg aus.

Brest Litowsk, Waffenstillstandsunterzeichnung zwischen den Mittelmächten und Russland (C) HGM

Nach der russischen Ratifikation des Friedensvertrages befand sich die neue Demarkationslinie zwischen dem Asowschen Meer im Süden und dem Peipussee Estlands im Norden. Russland hatte letztendlich ein Drittel seines europäischen Territoriums eingebüßt und Österreich-Ungarn baute seit März 1918 die Front zu Russland ab. Die freigewordenen Kampftruppen der k. u. k. Armee wurden an den italienischen Kriegsschauplatz verlegt und mit Sicherungseinheiten und einer meist frontuntauglichen Besatzungsarmee ersetzt.

Thomas Edelmann

Mag. Dr. Thomas Edelmann, MAS
Ich bin Historiker mit einer postgradualen museologischen Ausbildung, die ich an der Universität für angewandte Kunst Wien absolviert habe. Im Museum bin u.a. für die digitale Kommunikation zuständig, angefangen von der Website über den Blog bis hin zu allen Social-Media-Kanälen. Andererseits bin ich als Forscher im Militärhistorischen Institut tätig, wo ich gegenwärtig am Forschungsprojekt „Vom Leib zum Körper. (Be-)Musterung von Militärpflichtigen und ihre Konstituierung zum Soldaten 1858 - 1918“ arbeite. Meine Forschungsinteressen sind die Geschichte der Habsburgermonarchie 1789 - 1918, der Erste Weltkrieg mit dem Schwerpunkt auf das Etappenwesen der österreichisch-ungarischen Armee sowie – um über die Grenzen Europas zu blicken – die mexikanische (Kultur-) Geschichte.

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